Die Saat geht auf
DIYANET-Unterstützung für
Al Qaida
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Schutz vor Radikalisierung, vor dem
politischen Islam biete die türkische Religionsbehörde („DIYANET“). So
war es seit langem zu hören – erst jüngst auch wieder in Pfaffenhofen im
Zusammenhang mit dem Moscheebau an der Hohenwarter Straße.
Nur zu geneigt zeigte man sich, dem Glauben
zu schenken. War man doch an einer als unbedenklich geltenden
Islam-Organisation in der Bundesrepublik als Ansprechpartner
interessiert, an einer Konkurrenz für die islamistische türkische „Milli
Görüs“.
Seit den 1980er Jahren ließ man die
institutionelle Verfestigung der Einflussnahme des türkischen Staats
über das deutsche Vereinsrecht („DiTiB“) und die Entsendung hunderter
Beamter der Türkei als Imame nach Deutschland zu. Wo sich diese wirklich
gegen den Islamismus wandten, war der türkische Nationalismus (mit
seinen Begleiterscheinungen) Programm.
Die Ermöglichung der Tätigkeit der
türkischen Religionsbehörde hierzulande wurde selbst nach der
Regierungsübernahme der AKP in Ankara im Jahr 2002 von der
Bundesrepublik nicht in Frage gestellt, obgleich diese Partei der
Milli-Görüs-Bewegung nahesteht.
Inzwischen sollen in der BR Deutschland
rund 900 Moscheen zur DiTiB, der Deutschland-Organisation der türkischen
Religionsbehörde DIYANET, gehören, und damit von der Regierung in Ankara
kontrolliert werden. Dazu zählt auch die Moschee in Pfaffenhofen.


In diesem Schreiben vom 15. März 2013 an
den Gouverneur der türkischen Provinz Hatay befasste sich der türkische
Innenminister Muammer Güler mit der Schleusung von Dschihadisten der „Al
Nusra-Front“, des syrischen Zweigs von Al Qaida, über die Türkei zum
Kampf nach Syrien. Diese Operation leitet der türkische Geheimdienst
„MIT“. Der türkische Innenminister erteilt die Order, die aus
verschiedenen Ländern stammenden Glaubenskrieger (Mudschaheddin) vor dem
Grenzübertritt in Gästehäusern der türkischen Religionsbehörde DIYANET
(„Diyanet Isleri misafirhaneleri“) unterzubringen.
An das Schriftstück
gelangte die in der Türkei erscheinende, prokurdische Zeitung „Özgür
Gündem“, die es im September 2013 veröffentlichte.
In Deutschland löste
dies kaum Reaktionen aus. Soweit ersichtlich, berichtete darüber kurz
darauf lediglich die kleine Zeitung „junge Welt“ (früheres
FDJ-Organ) am Rande eines Beitrags über einen Anschlag in der Stadt
Reyhanli und das Verhältnis der Türkei zu dschihadistischen Gruppen. Das
Blatt ging nicht auf den Umstand ein, das eben jener Behörde, die nach
dem vorliegenden Material als Durchgangsstation Al-Qaida-Leute auf dem
Weg in den syrischen Krieg beherbergt, über die Organisation DiTiB in
Deutschland fast 1000 Moscheen unterstehen. Der jungen Welt
zufolge dürfte das Schreiben des türkischen Innenministers auch den
Gouverneuren der Povinzen Antep, Urfa und Mardin im Grenzgebiet zu
Syrien zugegangen sein.
Nachdem der
„Islamische Staat“ im Juni 2014 in die Stadt Mossul im Irak eingedrungen
war und dort Personal des türkischen Konsulats als Geisel genommen
hatte, übten Parlamentsabgeordnete der oppositionellen CHP in der Türkei
öffentlich Kritik an der Zusammenarbeit ihres Landes mit „ISIS“ und „Al
Nusra“.
So
meldete „Hürriyet Daily News“ am 13.06.2014:
…
Inzwischen hat der Istanbuler
CHP-Abgeordnete Ihsan Özkes behauptet, Kriegern der
Al-Qaida-Splittergruppe „Al-Nusra-Front“ sei, kontrolliert von der
Nationalen Geheimdienstorganisation (MIT), der Aufenthalt in den
Gästehäusern des Amtes für religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet)
in der südlichen Provinz Hatay gestattet worden.
Özkes, ein früherer Mufti, behauptete
auch, die Anweisung zur Beherbergung der Krieger sei vom früheren
Innenminister Güler in einem der Behörde des Gouverneurs der Provinz
Hatay zugesandten Rundschreiben erteilt worden, das offen Unterstützung
für die Kämpfer der Nusra-Front gefordert habe.
Das angeblich offizielle Dokument, das
Özkes zeigt, enthüllt, dass Al-Nusra-Kämpfer von der Nationalen
Geheimdienstorganisation (MIT) hereingebracht wurden, um die der
geächteten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angegliederte Partei der
Demokratischen Union (PYD) in Nordsyrien zu bekämpfen.
„Es ist wichtig, den
Geheimdienst-Offizieren die nötige Hilfe zu leisten bei der
Unterstützung der Al-Nusra-Kämpfer, einschließlich der Tunesier und
Tschetschenen, die unter der Aufsicht des MIT hergebracht worden sind,
um die der PKK angegliederte PYD zu bekämpfen, die Grenze zu Syrien
überschreitend unter Geheimhaltung der Angelegenheit“, ist in dem
Dokument zu lesen.
„Die Provinz Hatay ist strategisch
wichtig für den Grenzübertritt der Kämpfer aus unserem Land nach Syrien.
Die logistische Versorgung der islamischen Gruppen, deren Training und
die Behandlung Verwundeter werden zumeist von dort aus durchgeführt
werden. Der MIT und andere relevante Behörden sind mit der Aufgabe
betraut worden“, hält es weiter fest.
Özkes beschuldigte auch die Regierung,
von der Diyanet gesammeltes Spendengeld den islamistischen Kämpfern
zuzuleiten.
… (ins Deutsche übertragen)
Auch jetzt, als sich in der größten
türkischen Oppositionspartei Kritik zu regen begann, wurde die Sache in
Deutschland nicht aufgegriffen.
Erst die Dokumentation „Kalifat des
Schreckens“, die im Oktober 2014 an einem Montag spätabends in der ARD
lief, zeigte das Schreiben des türkischen Innenministers vom März 2013
einem größeren Publikum in der Bundesrepublik.

Eine deutsche Übersetzung wurde darin
jedoch nur für eine kleine Passage des Dokuments eingeblendet. Die Rolle
der türkischen Religionsbehörde DIYANET bei der Unterstützung von Al
Qaida blieb unerwähnt. So ist sie den Deutschen bis heute weitestgehend
unbekannt.
DIYANET-Beamte, die in den Grenzgebieten
der Türkei an der Unterbringung von islamistischen Kriegern aus vieler
Herren Ländern mitwirken und diese anschließend (wohl mit aufmunternden
Worten) in den Dschihad nach Syrien schicken – gegen kurdische Kräfte,
gegen die syrische Regierung, gegen die Alawiten, gegen Sunniten, die
sich nicht anschließen wollen, gegen die arabischen Christen, gegen die
Assyrer, gegen die Armenier … –, können kurz darauf als Imame in
DiTiB-Moscheen in der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz kommen.

Wie steht es um die hier wirkenden Kräfte:
- Einen Imam in Pfaffenhofen, der – selbst
als Beamter des türkischen Staats auf dem Hoheitsgebiet der BR
Deutschland tätig – die Einmischung des Westens in der islamischen Welt
anprangert und Verständnis für den Dschihad als Abwehrreaktion äußert?
- Einen Religionsattaché am türkischen
Generalkonsulat in München, der zur Grundsteinlegung für die
DiTiB-Moschee nach Pfaffenhofen reist, um hier vor deutschen Gästen eine
Rede in türkischer Sprache zu halten und mit einem symbolischen
Spatenstich den Baubeginn zu bezeichnen?
- Einen stellvertretenden Vorsitzenden des
DiTiB-Landesverbands Südbayern mit Kontakten nach Pfaffenhofen, der als
Funktionär in Regensburg in einem Verein aktiv gewesen ist, welcher der
dortigen Salafistenszene über längere Zeit seine Räumlichkeiten für
Veranstaltungen zur Verfügung gestellt hat, auch noch lange, nachdem
dieser heutige stellvertretende DiTiB-Landesverbandsvorsitzende davor
gewarnt worden war?

In verschiedenen anderen Fällen zog die
Unterstützung einer als Terrororganisation eingestuften Gruppe durch
einen in der BR Deutschland eingetragenen Verein dessen Verbot nach
sich.
Muss der Verband „DiTiB“, die
Deutschland-Organisation der türkischen Religionsbehörde DIYANET, mit
seinen örtlichen Vereinen deswegen ebenfalls ein
Verbot fürchten? - Davon ist bisher nicht auszugehen.
Hinter ihm steht der türkische Staat, was
bereits zu außenpolitischen Komplikationen führen dürfte.
Aber wagt es die Bundesrepublik auch einen
anderen Staat in die Schranken zu weisen, der sich rühmt, über ein
Millionenheer auf deutschem Boden zu verfügen und, wie zuletzt in
Karlsruhe geschehen, kaum mehr verhohlen damit droht?
Beschwichtigen, zurückweichen, schönreden
und zusehen, wie sich die Dinge immer ungünstiger für uns entwickeln,
ist einfacher.
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