Montag, den 01.06.15  //  IG-HOWA

 

 


 

Die Saat geht auf

DIYANET-Unterstützung für Al Qaida   PDF

Schutz vor Radikalisierung, vor dem politischen Islam biete die türkische Religionsbehörde („DIYANET“). So war es seit langem zu hören – erst jüngst auch wieder in Pfaffenhofen im Zusammenhang mit dem Moscheebau an der Hohenwarter Straße.

Nur zu geneigt zeigte man sich, dem Glauben zu schenken. War man doch an einer als unbedenklich geltenden Islam-Organisation in der Bundesrepublik als Ansprechpartner interessiert, an einer Konkurrenz für die islamistische türkische „Milli Görüs“.

Seit den 1980er Jahren ließ man die institutionelle Verfestigung der Einflussnahme des türkischen Staats über das deutsche Vereinsrecht („DiTiB“) und die Entsendung hunderter Beamter der Türkei als Imame nach Deutschland zu. Wo sich diese wirklich gegen den Islamismus wandten, war der türkische Nationalismus (mit seinen Begleiterscheinungen) Programm.

Die Ermöglichung der Tätigkeit der türkischen Religionsbehörde hierzulande wurde selbst nach der Regierungsübernahme der AKP in Ankara im Jahr 2002 von der Bundesrepublik nicht in Frage gestellt, obgleich diese Partei der Milli-Görüs-Bewegung nahesteht.

Inzwischen sollen in der BR Deutschland rund 900 Moscheen zur DiTiB, der Deutschland-Organisation der türkischen Religionsbehörde DIYANET, gehören, und damit von der Regierung in Ankara kontrolliert werden. Dazu zählt auch die Moschee in Pfaffenhofen.

 

 

In diesem Schreiben vom 15. März 2013 an den Gouverneur der türkischen Provinz Hatay befasste sich der türkische Innenminister Muammer Güler mit der Schleusung von Dschihadisten der „Al Nusra-Front“, des syrischen Zweigs von Al Qaida, über die Türkei zum Kampf nach Syrien. Diese Operation leitet der türkische Geheimdienst „MIT“. Der türkische Innenminister erteilt die Order, die aus verschiedenen Ländern stammenden Glaubenskrieger (Mudschaheddin) vor dem Grenzübertritt in Gästehäusern der türkischen Religionsbehörde DIYANET („Diyanet Isleri misafirhaneleri“) unterzubringen.

An das Schriftstück gelangte die in der Türkei erscheinende, prokurdische Zeitung „Özgür Gündem“, die es im September 2013 veröffentlichte.

In Deutschland löste dies kaum Reaktionen aus. Soweit ersichtlich, berichtete darüber kurz darauf lediglich die kleine Zeitung „junge Welt“ (früheres FDJ-Organ) am Rande eines Beitrags über einen Anschlag in der Stadt Reyhanli und das Verhältnis der Türkei zu dschihadistischen Gruppen. Das Blatt ging nicht auf den Umstand ein, das eben jener Behörde, die nach dem vorliegenden Material als Durchgangsstation Al-Qaida-Leute auf dem Weg in den syrischen Krieg beherbergt, über die Organisation DiTiB in Deutschland fast 1000 Moscheen unterstehen. Der jungen Welt zufolge dürfte das Schreiben des türkischen Innenministers auch den Gouverneuren der Povinzen Antep, Urfa und Mardin im Grenzgebiet zu Syrien zugegangen sein.

Nachdem der „Islamische Staat“ im Juni 2014 in die Stadt Mossul im Irak eingedrungen war und dort Personal des türkischen Konsulats als Geisel genommen hatte, übten Parlamentsabgeordnete der oppositionellen CHP in der Türkei öffentlich Kritik an der Zusammenarbeit ihres Landes mit „ISIS“ und „Al Nusra“.

So meldete „Hürriyet Daily News“ am 13.06.2014:

Inzwischen hat der Istanbuler CHP-Abgeordnete Ihsan Özkes behauptet, Kriegern der Al-Qaida-Splittergruppe „Al-Nusra-Front“ sei,  kontrolliert von der Nationalen Geheimdienstorganisation (MIT),  der Aufenthalt in den Gästehäusern des Amtes für religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet) in der südlichen Provinz Hatay gestattet worden.

Özkes, ein früherer Mufti, behauptete auch, die Anweisung zur Beherbergung der Krieger sei vom früheren Innenminister Güler in einem der Behörde des Gouverneurs der Provinz Hatay zugesandten Rundschreiben erteilt worden, das offen Unterstützung für die Kämpfer der Nusra-Front gefordert habe.

Das angeblich offizielle Dokument, das Özkes zeigt, enthüllt, dass Al-Nusra-Kämpfer von der Nationalen Geheimdienstorganisation (MIT) hereingebracht wurden, um die der geächteten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angegliederte Partei der Demokratischen Union (PYD) in Nordsyrien zu bekämpfen.

„Es ist wichtig, den Geheimdienst-Offizieren die nötige Hilfe zu leisten bei der Unterstützung der Al-Nusra-Kämpfer, einschließlich der Tunesier und Tschetschenen, die unter der Aufsicht des MIT hergebracht worden sind, um die der PKK angegliederte PYD zu bekämpfen, die Grenze zu Syrien überschreitend unter Geheimhaltung der Angelegenheit“, ist in dem Dokument zu lesen.

„Die Provinz Hatay ist strategisch wichtig für den Grenzübertritt der Kämpfer aus unserem Land nach Syrien. Die logistische Versorgung der islamischen Gruppen, deren Training und die Behandlung Verwundeter werden zumeist von dort aus durchgeführt werden. Der MIT und andere relevante Behörden sind mit der Aufgabe betraut worden“, hält es weiter fest.

Özkes beschuldigte auch die Regierung, von der Diyanet gesammeltes Spendengeld den islamistischen Kämpfern zuzuleiten.

…  (ins Deutsche übertragen)

Auch jetzt, als sich in der größten türkischen Oppositionspartei Kritik zu regen begann, wurde die Sache in Deutschland nicht aufgegriffen.

Erst die Dokumentation „Kalifat des Schreckens“, die im Oktober 2014 an einem Montag spätabends in der ARD lief, zeigte das Schreiben des türkischen Innenministers vom März 2013 einem größeren Publikum in der Bundesrepublik.

 

 

Eine deutsche Übersetzung wurde darin jedoch nur für eine kleine Passage des Dokuments eingeblendet. Die Rolle der türkischen Religionsbehörde DIYANET bei der Unterstützung von Al Qaida blieb unerwähnt. So ist sie den Deutschen bis heute weitestgehend unbekannt.

DIYANET-Beamte, die in den Grenzgebieten der Türkei an der Unterbringung von islamistischen Kriegern aus vieler Herren Ländern mitwirken und diese anschließend (wohl mit aufmunternden Worten) in den Dschihad nach Syrien schicken – gegen kurdische Kräfte, gegen die syrische Regierung, gegen die Alawiten, gegen Sunniten, die sich nicht anschließen wollen, gegen die arabischen Christen, gegen die Assyrer, gegen die Armenier …  –, können kurz darauf als Imame in DiTiB-Moscheen in der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz kommen.

 

 

Wie steht es um die hier wirkenden Kräfte:  

- Einen Imam in Pfaffenhofen, der – selbst als Beamter des türkischen Staats auf dem Hoheitsgebiet der BR Deutschland tätig – die Einmischung des Westens in der islamischen Welt anprangert und Verständnis für den Dschihad als Abwehrreaktion äußert?   

- Einen Religionsattaché am türkischen Generalkonsulat in München, der zur Grundsteinlegung für die DiTiB-Moschee nach Pfaffenhofen reist, um hier vor deutschen Gästen eine Rede in türkischer Sprache zu halten und mit einem symbolischen Spatenstich den Baubeginn zu bezeichnen?

- Einen stellvertretenden Vorsitzenden des DiTiB-Landesverbands Südbayern mit Kontakten nach Pfaffenhofen, der als Funktionär in Regensburg in einem Verein aktiv gewesen ist, welcher der dortigen Salafistenszene über längere Zeit seine Räumlichkeiten für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt hat, auch noch lange, nachdem dieser heutige stellvertretende DiTiB-Landesverbandsvorsitzende davor gewarnt worden war?

 

 

In verschiedenen anderen Fällen zog die Unterstützung einer als Terrororganisation eingestuften Gruppe durch einen in der BR Deutschland eingetragenen Verein dessen Verbot nach sich.

Muss der Verband „DiTiB“, die Deutschland-Organisation der türkischen Religionsbehörde DIYANET, mit seinen örtlichen Vereinen deswegen ebenfalls ein Verbot fürchten?  -  Davon ist bisher nicht auszugehen.

Hinter ihm steht der türkische Staat, was bereits zu außenpolitischen Komplikationen führen dürfte.    

Aber wagt es die Bundesrepublik auch einen anderen Staat in die Schranken zu weisen, der sich rühmt, über ein Millionenheer auf deutschem Boden zu verfügen und, wie zuletzt in Karlsruhe geschehen, kaum mehr verhohlen damit droht?

Beschwichtigen, zurückweichen, schönreden und zusehen, wie sich die Dinge immer ungünstiger für uns entwickeln, ist einfacher.

 

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